Freitag, 10. Oktober 2008

Zeitmaschine

War heute den ganzen Tag mit Müllers unterwegs, einem, ja, befreundetem Ehepaar, das ein Auge und einen Sinn für die Kunst, und auch immer die Kamera im Halfter hat. Viele tolle Bilder eingefangen, und eine Ecke von Teneriffa kennengelernt, die weitgehend unberührt die Zeitläufte überstanden hat. Zwischendurch war ich allerdings dem Kotzen nahe, da die Steigungen alle mir bekannten Winkelgrade überboten, und auch noch Kurven und Kreuzungen aufwiesen, die mehr als abenteuerlich waren. Habe immer noch Knoten im Kopf von all den Serpentinen und Steilwandkurven...


Blick von Los Menores auf die Küste (Playa Las Americas, Los Christianos)

Sind von Los Menores aus gestartet, und nach Taucho gefahren. Von dort aus quer durch die Wallachei nach Aripe und Chirche. Hatte immer wieder mal das Gefühl, dass die Straße unvermittelt enden könnte, General Franco den Weg kreuzt oder eine katholische Prozession uns in die Mitte nimmt. Ganz eigenwillige Assoziationen, die sich da einstellten.


Wasserleitungen aus allen Epochen im wilden Wirrwarr

Zwischendurch das Geheimnis der Wasserversorgung gelüftet. Unglaublich! Die von der zentralen Sammelstelle ausgehenden "Leitungen" sahen aus wie Bündel geknickter Strohhalme, die achtlos in einen Barranco geworfen wurden. Kaum vorstellbar, wie man da ein partielles Problem beheben möchte. "Hallo, hier Los Menores. Wir bekommen kein Wasser mehr!". "Äh... Wir kümmern uns darum...". Nur gut, dass der Golfplatz genügend Wasser bekommt... Und so geht es auch mit Strom- und Telefonleitungen. Der gordische Knoten ist dagegen ein Makrameegeflecht. Infrastruktur"? Dafür gab es da, wo gutes Wasser austrat, Feigen frisch vom Baum. Einige waren sogar schon (noch) reif. Lecker!


Oben in den Bergen reifen die Feigen erst jetzt


Hauptstraße von Chirche. Links ist noch der Kirchplatz zu ahnen, der in der Enge des Bergdorfes fast schon riesig wirkt

Die Abfahrt nach Playa de San Juan war dann nicht nur ein Kultur-, sondern auch ein Temperaturschock. Die leckeren Nussecken, die Angela für uns eingepackt hatte, verzehrten wir durchaus lustvoll zu einem Café con Leche, bevor wir uns dann das bunte Treiben im Hafen anschauten. Den Übergang schaffte der Juniorchef, der einen halben Atun auf den Nebentisch knallte. Passte gut zu den Ecken. Und wieder waren wir uns beim Anblick des frischen Fisches einig: "The best way to cook fish is to do not!". Jeanette hat Wasabi dabei, merkte sie etwas pragmatisch an, während Günther und ich noch die Nusssplitter aus den Zahnzwischenräumen puhlten. Ja, schon...


Und dazu Nussecken...

Offenbar waren die Fischer alle auf Thunfisch aus, den sie auch zahlreich anlandeten.





Habe einen solchen noch nie aus der Nähe gesehen, und hatte dann sehr ambivalente Empfindungen, als er so vor mir lag. Die schillernden Farben erinnerten an Perlmutt, und die gelben Sägezahnflossen sahen aus wie von einem Dekosticker entliehen. Der Körper elegant und kraftvoll zugleich.



Eingezwängt in einen Plastikcontainer, geschichtet, blutend, wirkte er geschändet. Hätte gerne seine Haut berührt, habe mich dann aber doch nicht getraut. Zumal ein älterer, gut aufgelegter Fischer uns sofort als Deutsche ausmachte, was sicher nicht schwer war, und uns mit unserer Rolle in diesem wohl alltäglichem Treiben konfrontierte. Vermutlich würde er am Kölner Hauptbahnhof mindestens genauso auffallen wie wir hier. Das beruhigte mich, obwohl er uns folgte und offensichtlich ein Freibier aus uns herauswitzeln wollte. Dazu war der Tag aber zu lang, die Fuße zu wund und der Hafen zu langweilig. Zumindest gastronomisch gesehen. 7Up war die Krönung des Gluckerns! Hätte es einen passablen Wein gegeben...



La Paloma auf Achse.



Erstaunlich schnell und fast ohne Dämmerung wird es hier dunkel.

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